Voneinander lernen

Deutschunterricht für Flüchtlinge

„Ich bin 21 Jahre alt, ich wohne in Lörrach und ich spreche Mandinga, Wolof und Englisch“, so Arif*, der sich heute Morgen beim Flüchtlingssprachkurs des Freundeskreises Asyl Lörrach (FKAL) wie alle anderen Schüler vorstellt. Wenn er weiter so schnell lernt, kann der junge Mann aus dem westafrikanischen Gambia bald „Deutsch“ zur Liste seiner Sprachen hinzufügen. Das wäre dann das Verdienst des siebenköpfigen Sprachlehrerteams, das Arif und den anderen Flüchtlingen aus der Lörracher Gemeinschaftsunterkunft ehrenamtlich die deutsche Sprache näherbringt, bis der von offizieller Seite geplante VHS-Deutschkurs für Asylbewerber startet. Lehrerin Uta, die das heutige Unterrichtsprogramm zusammengestellt hat, verknüpft ihren Sprachunterricht geschickt mit kulturellen Inhalten. Passend zur Jahreszeit hat sie einen Schokoladen-Adventskalender mitgebracht. Während ihr Kollege Martin „Heute ist der 5. Dezember“ an die Tafel schreibt, verteilt sie nummerierte Lose an ihre Schüler und Lehrerkollegen und fragt langsam und deutlich: „Wer hat die Eins?“ Selim* meldet sich und darf das erste Türchen des Kalenders öffnen. Die Aufgabe der FKAL-Lehrerinnen und Lehrer ist nicht einfach. Ihre Schüler beherrschen zwar neben der gambischen Amtssprache Englisch mindestens noch zwei weitere Landessprachen und sind somit Mehrsprachigkeit gewohnt. Einige von ihnen können aber nur schlecht lesen und schreiben, weil sie als Kinder aus finanziellen Gründen keinen Zugang zu schulischer Bildung hatten. Um all ihre Schüler bestmöglich zu erreichen, greift Logopädin Uta zu Hilfsmitteln, die sich in ihrer sprachtherapeutischen Arbeit bewährt haben: Bilder. So liegt vor Nadim* nun ein laminiertes, bebildertes Blatt: links eine Bilderreihe mit fünf Personen, rechts freie Felder, in die Kärtchen mit passenden Lösungssätzen zu legen sind. Nadim legt die Karte mit dem Satz „Er kommt aus Italien“ neben das Porträt eines Mannes mit grün-weiß-rotem Schal. Mit dem Satz „Sie kommt aus Berlin“ hat der Schüler Mühe. Doch mit etwas Hilfe legt er ihn schließlich neben ein Bild der Kanzlerin, neben der ein kleines gelbes „Berlin“-Ortsschild abgebildet ist. Es ist diese Mischung aus Kompetenz, Humor und Zuwendung, die den Flüchtlingen gutzutun scheint. So drücken sie gerne zwei Mal die Woche die Schulbank. Doch auch den sieben FKAL-Lehrern gibt der Unterricht viel. Für Dietrich etwa bietet der Deutschunterricht die Möglichkeit, in Kontakt zu den Lörracher Flüchtlingen zu kommen und seine Erfahrung als pensionierter Sprachenlehrer einzubringen. Und Karl-Heinz schätzt das Gemeinschaftsgefühl, das in kurzer Zeit durch den Unterricht entstanden ist. So nehmen letztlich alle etwas aus dem Unterricht mit.

* Namen von der Redaktion geändert.

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